Sonntag
5. 11.
18 Uhr

Nachdem Julia Guhl die letzten Jahre mehrfach mit ihrem Brüsseler Klarinettenquartett "Quatuor Flexible" im Badhaus Rottweil auf der Bühne gestanden hat, wird sie am 8. Oktober mit einem klassischen Trio in der Besetzung Klarinette, Cello und Klavier erneut hier auftreten. Das Programm ist in dieser Besetzung ein völlig anderes und wird weder feurigen Tango noch virtuosen Klezmer anbieten. Nichtsdestotrotz wird man an diesem Abend weder an musikalischem Anspruch noch an Unterhaltungswert einbüßen. Ihre Partnerinnen YeRan Kim (Klavier) und Izumi Fujii (Cello) sind Dozentinnen an der Hochschule für Musik Trossingen und beide mehrfach international ausgezeichnete Musikerinnen. Abgesehen davon verspricht das Programm des Trios Ohrwurmqualitäten; im besonderen das Hauptwerk des Konzerts, das sogenannte "Gassenhauer-Trio" op.11 von Ludwig van Beethoven, welches gleichzeitig zu den bedeutendsten und bekanntesten Werken der Kammermusikliteratur zählt.

Beethoven schenkte der Unterhaltungsmusik seiner Zeit zwar selten besondere Aufmerksamkeit, aber dass er im dritten Satz dieses Werks gar eine "Gassenhauer-Melodie" zum Thema für seine Variationen wählte hatte besondere Gründe. Der Komponist selbst hätte dem Reiz jener sicher widerstanden, wenn ihn nicht der Klarinettist, für den er das Trio schrieb (wahrscheinlich Joseph Beer), ausdrücklich um Variationen darüber gebeten hätte. Das besagte Thema stammt von Joseph Weigl, dem populärsten Wiener Opernkomponisten um 1800. Beethoven soll es sKlassische Gassenhauer SWpäter oft bereut haben, ein Weigl-Thema durch seine Variationen geadelt zu haben, obwohl die eingängige Melodie in Wien um 1800 in aller Munde und äußerst beliebt war. Ein Gassenhauer eben. Man wird sich im Finale also schwerlich dem Charme dieses Ohrwurms entziehen können; weniger noch den kompositorischen Feinheiten Beethovens in seinen darauffolgenden Variationen. Auch der zweite Satz, ein kurzes Adagio, kann durch seine ausdrucksstarke Melodik als einer der schönsten Einfälle des frühen Beethoven angesehen werden. Das Trio Pathétique des Russen Michail Glinka entstand unter dem Vorbild Beethovens und soll in diesem Konzert dem Beethov'schen Trio gegenübergestellt werden. Stilistische Ähnlichkeiten sind unverkennbar und dass Glinka sich für den Beginn des ersten Satzes von seinem deutschen Kollegen hat inspirieren lassen ist mehr als eindeutig: dass das Werk wie im Gassenhauer-Trio einstimmig und lautstark von allen Instrumenten in einer kurzen, prägnanten Melodik eröffnet wird, ist nicht die einzige Reminiszenz an Beethoven in dieser Komposition.

Neben diesen klassischen Leckerbissen werden die romantischen Trio-Miniaturen eines weiteren Russen, Paul Juon, und auserwählte Sätze der acht Stücke von Max Bruch zu hören sein. Heimatlosigkeit ist dem Leben und der Kunst Juons gemein. Geboren in Moskau, doch sesshaft geworden in Berlin, erlebt seine Musik fast durchweg eine Prägung durch russische, tänzerische Volksmusik, teils mit herbem nordischen Kolorit. So auch die Trio-Miniaturen, in welchen die zwei Sätze "Humoreske" und "Danse phantastique" stark davon beeinflusst sind. Dem gegenüber stehen die anderen Sätze "Rêverie" ("Träumerei") und "Elegie", in welchen die poetische, sensible Seite Juons in langen, melancholischen Phrasen und schwelgerischen Melodien zum Ausdruck kommt. Das romantische Ideal, ganz und gar zu den Sinnen und zu der Seele zu sprechen, war auch Bruchs ausdrückliche Absicht. Seine acht Stücke komponierte er für seinen Sohn, einen Klarinettisten, der sich ein Werk mit Cello gewünscht hatte. Jedes Stück ist ein einzelnes, für sich hörenswertes und ausdrucksstarkes Charakterbild. Für einige der Stücke erfand Bruch Lieder-ähnliche Titel wie "Nachtgesang" oder "Rumänische Melodie", was auch den Charakter der Kompositionen widerspiegelt: liedhaft, melodiös und volkstümlich angelegt sind sie sowohl für die Hörer als auch für die Musizierenden ein leicht zugänglicher Hochgenuss.


Klassische Gassenhauer
Konzert

Klassische Gassenhauer

Julia Guhl
(Klarinetten)
Izumi Fujii
(Violoncello)
YeRan Kim
(Klavier)

Abendkasse: 16,- Vorverkauf: 12,-
Vorbestellung per eMail

 veranstaltet vom
Verein für Kunst und Kultur im Badhaus zu Rottweil e.V.